Amateure verwenden oft den Begriff der Leistungsverstärkung. Nur welche Leistungsverstärkung meint er damit, denn es gibt drei verschiedene Definitionen Lü, Lv und Leff an einem Vierpol mit zwei Eingangs- und zwei Ausgangsklemmen.
Was sind nun diese verschiedenen Definitionen der Leistungsverstärkung?
- Lü ist das Verhältnis der an die Last gelieferten Leistung zur verfügbaren
Leistung der Quelle des Vierpols. - Lv ist das Verhältnis der verfügbaren Leistung am Ausgang des Vierpols
zu der verfügbaren Leistung der Quelle. - Leff ist das Verhältnis der an die Last gelieferten Leistung zu der in den
Vierpol gelieferten Leistung.
Sind Lü, Lv und Leff kleiner 1, spricht von Dämpfungen Dü, Dv und Deff. Alle 3 Leistungsverstärkungen bzw. Dämpfungen werden oftmals in dB angegeben, wobei der Logarithmus zur Basis 10 üblich ist, manchmal auch in Neper mit einer einfachen Umrechnung von: 1 Neper ≈ 8,686 Dezibel.
Die verfügbare Leistung einer Quelle ist eine reine Eigenschaft der Quelle und berechnet sich aus dessen reellen Innenwiderstand Ri und der Leerlaufspannung Uo, wenn man das Spannungs-Ersatzbild nutzt. Bevorzugt man das Strom-Ersatzbild, können beide Ersatzbilder in einfacher Weise ineinander umgerechnet werden. Beide Ersatzbilder sind absolut gleichwertig.
Lü, Lv und Leff unterscheiden sich durch die immer vorhandenen Fehlanpassungen am Ein- und Ausgang eines Vierpols. Die Eigenschaften des Vierpols werden durch Vierpol Parameter berücksichtigt. Dazu gehören z.B. die von der Frequenz abhängigen Y, Z, H und S-Parameter, die alle untereinander kompatibel sind, aber unterschiedliche Betrachtungen erfassen.
Die Werte von Lü, Lv und Leff sind also immer abhängig von den oben genannten Leistungs-Definitionen und den frequenzabhängigen Vierpol Parametern, die die Spannungen, Ströme oder Leistungen an den Ein- und Ausgangsklemmen des VP beschreiben.
Als Beispiel der Balun: Die elektrischen Eigenschaften sind abhängig von den Vierpol Parametern und den Impedanzen an den Ein- und Ausgangsklemmen. Es ist daher absolut sinnlos die Eigenschaften eines Balun auf dem Messtisch ermitteln zu wollen, weil zwar die Vierpol Parameter unverändert sind, nicht aber die am Ein- und Ausgang vorhandenen frequenzabhängigen Impedanzen.
Nur eine mathematische Berechnung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse erlaubt die Ermittlung der frequenzabhängigen Verluste. Ebenso sinnlos und falsch ist es, gedankenlos zwei gleiche Balune Rücken an Rücken zu schalten und dann die Verluste ermitteln zu wollen. Besser ist es, ganz auf den Unsinn Balun oder Unun zu verzichten. Hier sei nochmals auf den Beitrag von HB9AWJ verwiesen – im Netz.
Als Beispiel für die Leistungs-Situation am Eingang eines Vierpols, der mit einer Quelle verbunden ist:
Die verfügbare Leistung der Quelle sei Pv. Bei Fehlanpassung hier am Eingang des VP steht noch eine verminderte Wirkleistung
Pin = Pv ( 1 – r zum Quadrat) tatsächlich dem VP zur Verfügung, die verstärkt oder gedämpft an den inneren Klemmen des VP zur Verfügung steht.
Herrscht hier am Ausgang ebenfalls Fehlanpassung zwischen VP und Last RL, dann wird die Leistung weiter verringert und erst dann an den reellen Lastwiderstand RL abgegeben.
Nur bei totaler Leistungsanpassung am Ein- und Ausgang des VP haben Lü, Lv und Leff den gleichen Zahlenwert.
Der oben genannte Reflexionsfaktor r beschreibt den Zusammenhang zwischen der verfügbaren Leistung und der tatsächlich abgegebenen Wirkleistung einer Quelle, hat hier aber eine völlig andere Bedeutung als der Reflexionsfaktor auf einer Leitung mit TEM Wellen.
Allgemein ist ein VP immer ein Teil einer Kette von Vierpolen, wie Verstärker – Anpassnetzwerk – Balun – Zuleitung und Antenne. Jeder einzelne VP hat an den jeweiligen Ein- und Ausgangsklemmen eine Fehlanpassung, die die durchgereichte Leistung – abhängig von den VP Parametern – und entsprechend der Beziehung Pin = Pv ( 1 – r zu Quadrat) verändert.
Auf einer Leitung haben wir Leitungsvorgänge mit hin- und rücklaufenden Wellen!
So gilt für die Kettenschaltung von drei Vierpolen: Lges = Lv1 mal Lv2 mal Lü3. Bei mehr als 3 Vierpolen in Kette entsprechend Lvges = Lv1 mal Lv2 mal Lv3 mal Lü4 usw. d.h. bei der Berechnung der Kettenschaltung von VPn ist die Unterscheidung der Leistungs-Verstärkungen von existenzieller Bedeutung will man das richtige Ergebnis erhalten, besonders bei der Berechnung der Gesamtverstärkung durch Addition der dB Werte.
Wer mehr über Leistungs-Definitionen usw. wissen will, sei auf die Beiträge „Dämpfungsglieder unter der Lupe“ und „Die Antenne macht die Musik“ hingewiesen.
Dr. Walter Schau, DL3LH